Cytonet ist Deutschlands größtes Unternehmen im Bereich der Zelltherapie von Claus Beckenbach
Dass der menschliche Körper viele wichtige Organe besitzt, die ein Leben erst möglich machen, das wissen wir. Dass aber die Leber eines der wichtigsten Bestandteile des Körpers ist und fast einem Wunderwerk der Chemie entspricht, das wissen viele Menschen nicht.
Genetisch bedingte Lebererkrankungen oder auch im späteren Alter eintretende Leberschäden waren bisher nur schwer zu regenerieren. Im Laufe der Zeit wurde das Thema Lebertransplantation akut – nur fanden und finden sich nicht immer die passenden Spenderorgane. Viele Lebererkrankungen führten zum Tod des Patienten.
Penicillin und weitere Antibiotika waren bereits in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts wahre Wundermittel – heute sind sie hervorragende Medikamente, ohne die die moderne Medizin nicht auskommen könnte. Und doch hat die Wirksamkeit dieser Präparate ihre Grenzen. Erst mehr als 70 Jahre später wurde begonnen, auf dem Gebiet der Zelltherapie zu forschen und auch entsprechend positive Ergebnisse konnten erzielt werden.
Der Slogan von Cytonet „Aus Leidenschaft fürs Leben“ birgt eine Reihe von Komponenten in sich: Leidenschaft heißt Engagement, Qualifikation, Beharrlichkeit. Die Cytonet-Chefs Dipl.-Kaufmann Michael J. Deissner und Dr. Dr. Wolfgang Rüdinger bilden eine gelungene Synthese – die genannten Eigenschaften stehen auf ihrem Papier. Das muss auch Dietmar Hopp im Jahre 2000 geahnt haben – als der Bereich Zelltherapie seinerzeit aus dem Roche- Konzern ausgegliedert wurde war es Dietmar Hopp, der mit großem finanziellen Engagement nicht nur den Anschub von Cytonet finanzierte, sondern auch die weiteren notwendigen Finanzen bereitstellte. Er glaubte an die Zelltherapie und an die mit der Forschung und Entwicklung befassten Menschen – die in der Zwischenzeit erreichten Ziele geben ihm recht.
Cytonet-Leberzellpräparat. Man darf dieses Präparat durchaus nach einer erfolgreichen Zulassung auf die Stufe der großen medizinischen „Erfindungen“ stellen. Wenn beispielsweise ein Kind mit einem angeborenen Harnstoffzyklusdefekt zur Welt kommt, muss dieser Defekt zunächst einmal festgestellt werden. Lange Jahre konnte man dieses nicht und das Kind ist verstorben. Durch Prof. Dr. Georg Hoffmann, Direktor der Universitätskinderklinik Heidelberg wurde maßgebend das sogenannte „Baby-Screening“ eingeführt – übrigens auch mit einem großen finanziellen Zuschuss von Dietmar Hopp. Das Neugeborene wird bereits, ein Blutstropfen genügt, auf mehr als 30 Krankheiten „gecheckt“. „Heute ist die einzige langfristig rettende Therapie bei schweren Harnstoffzyklusdefekten eine Lebertransplantation oder eine auf das Neugeborene angepasste Diät in Verbindung mit der Einnahme von Medikamenten. Eine Transplantation der Leber ist bei Neugeborenen jedoch nahezu unmöglich. Nun besteht Hoffnung auf einen Ausweg aus diesem tragischen Dilemma“, so Prof. Hoffmann.
Was ist der Harnstoffzyklus? Er findet in den Zellen der Leber statt. Stickstoff wird mit der Nahrung aufgenommen und vom Darm über die Pfortader in die Leber transportiert. Ammoniak ist eine chemische Verbindung von Stickstoff und Wasserstoff – sie ist hochgiftig.
Das Ammoniak wird im Harnstoffzyklus umgewandelt zum unschädlichen Harnstoff; dieser wird über die Nieren ausgeschieden. Funktioniert dieser Ablauf nicht, kommt es zu einem erhöhten, krankhaften Ammoniakgehalt im Blut. Schäden an Nervenzellen und auch im Gehirn können entstehen. Unbehandelt führt dieser Vorgang zum Tod. Bei frühzeitiger Erkennung und Behandlung kann diese Erbkrankheit aber auch gutartig verlaufen. Cytonet Leberzellpräparate könnten nach erfolgreicher Zulassung als langfristiges Medikament eingesetzt werden – möglicherweise bis zu einer erforderlichen Transplantation. „Leben retten mit zeitgemäßen, modernen Medikamenten“, wie es die Überschrift auch ausdrückt.
Hoffnung. Das Cytonet-Leberzellpräparat bringt große Hoffnung auf eine zum einen risikoarme Alternative zur Lebertransplantation aber auch zur Überbrückung der Zeit, bis ein passendes Spenderorgan gefunden worden ist. Seit 2007 konnten mit dem Cytonet-Leberzellpräparat in der Universitätsklinik Heidelberg, der Medizinischen Hochschule in Hannover und in der Universitätsklinik in Padua in Heilversuchen vier Kinder mit lebensbedrohlichen Harnstoffzyklusdefekten behandelt werden. Eine klinische Studie ist noch im Laufen und untersucht unter anderem die Wirksamkeit sowie die Sicherheit des Medikamentes. Mit der offiziellen Zulassung wird ab dem nächsten Jahr gerechnet. Noch in diesem Jahr soll eine weitere Studie gestartet werden. Kliniken in England und Spanien sind bereit, mitzumachen; andere Aspiranten sind ebenfalls stark interessiert, dabei zu sein.
Was geschieht in der Leber? Aus nicht zur Transplantation geeigneten Lebern – es wird also keine Transplantation verhindert – werden Zellen gewonnen und in dem von Cytonet entwickelten komplexen Verfahren schonend isoliert, gereinigt und entsprechend aufbereitet. Diese vitalen Leberzellen werden über einen Katheder in die erkrankte Leber eingebracht und übernehmen dort idealerweise die wichtigen Stoffwechsel- und Entgiftungsaufgaben. Die Wirksamkeit vorausgesetzt wäre dies im Vergleich zur Transplantation eine deutlich risikoärmere Alternative.
Zukunft. Cytonet wird weltweit eine führende Position auf dem Gebiet der Zelltherapien einnehmen. Mit dem Cytonet-Leberzellpräparat könnte die Grundlage für eine regenerative und risikoarme Medizin geschaffen sein, die mit ihren Verfahren Leben retten könnte. Der Einsatz von menschlichen Zellen als Arzneimittel, die sich im Organ selbst multiplizieren könnten, wäre bahnbrechend für viele lebensbedrohende Krankheiten, die mit der herkömmlichen Medizin noch nicht zu heilen sind. Auch in den USA kann Cytonet bereits Erfolge verbuchen: Für die neue Studie konnte Cytonet bereits 16 Studienzentren in Amerika gewinnen. Im Zuge der erfolgreichen Etablierung betreibt Cytonet seinen Standort in Durham, North Carolina, schon jetzt mit großem Erfolg; dort, aber auch in den Heidelberger Laboratorien werden zudem weitere zelluläre Arzneimittel, auch Blutstammzellund Knochenmarktransplantate, hergestellt.
Claus Beckenbach im Gespräch mit Dipl.-Kaufm. Michael J. Deissner Herr Deissner, in relativ kurzer Zeit hat sich Cytonet einen hervorragenden Ruf in Medizinkreisen erworben. Weshalb ist das so?
Wir hatten mit Cytonet die beste Startplattform im Jahr 2000, die man sich vorstellen kann. Als Ausgründung aus dem Roche Konzern waren wir mit den Spezialisten der Branche ganz eng verzahnt. Zudem arbeiten wir seit Beginn mit den renommiertesten Universitäten in Deutschland wie Heidelberg, Hannover und Berlin sowie in USA, beispielsweise mit UCLA oder Chapel Hill in North Carolina zusammen – und als ganz besonders wichtigen Punkt konnten wir Herrn Hopp für unser Unternehmen gewinnen, den ich seit meiner Vorstandsassistententätigkeit 1996 bei SAP begleiten darf. Die Summe dieser Faktoren sorgten für einen guten Start und helfen jetzt auch in dieser weltweit vernetzten Biotechnologiebranche vorne dran zu bleiben.
Zellforschung gibt es schon längere Zeit. Aber von grandiosen Durchbrüchen, auch bei der „großen Pharmazie“ habe ich noch nichts gehört. Woran liegt das?
Unser Medikament würde nach erfolgter Zulassung bei Neugeborenen und Kindern mit ganz seltenen Stoffwechselerkrankungen eingesetzt werden. Die einzige Chance die diese Kinder momentan haben ist eine Lebertransplantation oder eine lebenslange Diät in Verbindung mit Medikamenten. Da dieser Gendefekt nur sehr selten vorkommt, sind die Marktpotentiale zu Beginn der Medikamenteneinführung für Big Pharma zu riskant und nicht lohnenswert. Deshalb bezeichnet man diesen Nischenbedarf im Markt auch Orphan Drug (Orphan Drug = Arzneimittel, welches für die Behandlung seltener Erkrankungen eingesetzt wird). Ein Bedarf der jedoch für klein- und mittelständische Unternehmen wie Cytonet geradezu prädestiniert ist.
Dietmar Hopp hat erhebliches Kapital in Cytonet investiert. Ich kann mir vorstellen, dass dieses Kapital durchaus in der Lage war und ist, die Forschung intensiver und schneller voranzutreiben – oder spielt das keine wesentliche Rolle?
Kleine Unternehmen wie wir sind auf Investoren angewiesen, die den Weitblick haben und auch bereit sind das unternehmerische Risiko- das die Biotech-Branche bietet – zu tragen.
Ohne die finanziellen Mittel der Familie Hopp würde es Cytonet nicht geben. Insofern gilt unser größter Dank Herrn Hopp, der nicht nur geniales in der Vergangenheit geleistet hat, sondern heute unsere Medikamentenentwicklung mit enormen finanziellen Mitteln nach vorne treibt und ganz besonders auch mit Rat und persönlichem Einsatz die Cytonet begleitet.
Traurig dabei ist immer wieder, dass der Staat diesen besonderen finanziellen Einsatz von privaten Investoren nicht einmal mit steuerlichen Vorteilen bedenkt. Wenn es solche genialen Unternehmer wie Herrn Hopp in Deutschland nicht gäbe, wäre die Biotechnologiebranche in den letzten fünf Jahren von der Bildfläche verschwunden.
Um beim Kapital zu bleiben: Jedes Unternehmen, ich denke auch Cytonet, will Geld verdienen. Glauben Sie, dass das in größerem Umfang nur durch Eigenproduktionen- und Forschungen möglich ist?
Besonders zu erwähnen ist sicherlich, dass Cytonet bisher vom „grünen Schreibtisch“, also von der Idee bis zur Durchführung der klinischen Studie alle Phasen selbst geplant und durchgeführt hat. Dies stellt im Bereich der klassischen Pharmaentwicklung absolut eine Besonderheit dar. Cytonet ist heute zu klein, um den weltweiten Markt schnell und parallelisiert zu bedienen. Für diese anstehenden Schritte sind wir froh, dass wir als Tochter des Roche-Konzerns eine gesellschaftliche Verbindung zu einem Big Pharma haben, allerdings auch andere Kollaboration und Partner könnten wir uns in der Markterschließung vorstellen.
Nach allem, was ich über Medizin weiß, haben die menschlichen Zellen als Arzneimittel eine beachtlich gute Zukunft vor sich. Ich frage nochmals auf anderem Wege, anknüpfend auf meine Frage von vorhin: Warum macht die „Groß-Pharmazie“ relativ wenig auf diesem Gebiet?
Big Pharma muss einen großen Unternehmensapparat weiterbewegen. Sollte also in den ersten Jahren der Markteinführung eines neuen Produktes nicht mindestens ein Umsatz von 250 Mio. Euro oder größer erwartet werden, nimmt Big Pharma von diesen Produkten Abstand. Dies bietet die Chance – wie beispielsweise für Cytonet – dass das Großunternehmen mit einem verheißungsvollen Produkt eine Ausgründung durchführt und so in einem kleinen und wendigen Unternehmen – risikojustiert- die Geschäftsmöglichkeit verfolgt.
Wie sehen Sie das Jahr 2020 in Punkto zelluläre Präparate? Die Zelltherapie steckt heute noch in den „Kinderschuhen“. Dabei ist die Idee der Zelltherapie so einfach zu verdeutlichen: Wir tauschen den kranken Zellverbund durch gesunde Zellen aus! Ein Reparaturmechanismus den der Körper tagtäglich millionenfach eigentlich selbst ausführt. Durch diesen Vorgang wird eine Erkrankung nicht nur symptomatisch behandelt sondern ursächlich geheilt. Mit der Zelltherapie werden sich in Zukunft ungeahnte Möglichkeiten auftun; Cytonet wird im Bereich der Zelltherapie auch weiterhin Pionier und Eisbrecher bleiben und sukzessive weitere Indikationen – vorerst in der Leber – erforschen und entwickeln, so dass Cytonet auch im Jahr 2020 sicher die Nase vorn haben wird.
Wenn wir so den Einsatz Ihrer Mitarbeiter sehen – oder jetzt speziell auch Ihren Terminkalender anschauen – woher kommt die Motivation diese enorme Arbeitslast zu stemmen?
Die Aussicht mit Medikamenten von Cytonet künftig schwerstkranken Neugeborenen und Kindern möglicherweise erstmalig ein normales Leben bieten zu können, ist jeden Tag aufs Neue für unser Cytonet-Team und mich Motivation pur. Vielen Dank für Ihre Ausführungen!
Vielen Dank für Ihre Ausführungen!
Zur Person:
- Dipl.-Kaufmann Michael Deissner
- Geschäftsführer
- Bis 2001 bei SAP AG
- Vorstandsassistent
- Service + Support
- Eskalationsmanagement
- Geschäftsführer Adler Mannheim
- Eishockey GmbH, Sanierung
- Vertrieb, Global Account Management
- Seit 2001 Geschäftsführer
- Cytonet Unternehmensgruppe
- Beiratsmitglied Adler Mannheim
- Vorstandsmitglied (Finanzen)
- Bio Region Rhein-Neckar-Dreieck e.V. Heidelberg
- Beiratsmitglied BUCK-Chemie GmbH,
- Stuttgart-Herrenberg
- Aufsichtsratsmitglied BioRN
- Clustermanagement GmbH, Heidelberg