Die Probleme des Medizintourismus
Tipps von Dr. Henning Ryssel
– Qualitäts und Hygienestandards im Ausland
In Deutschland bestehen für die Einrichtung von Kliniken, Operationssäalen, Behandlungsräumen etc. klare Richtlinen. Gleiches Gilt für die Hygiene in diesen Bereichen und die Aufberitung von Instrumenten mittels Sterilisation. Einrichtungen müssen sich hier regelmäßigen Kontrollen durch Behörden wie den örtlichen Gesundheitsämtern und anderen Instituten unterziehen. Mängel werden entsprechend gemahnt, gestraft oder führen zu einer Schließung eines Zentrums. Solche Kontrollmechanismen fehlen im Ausland häufig und für den Leihen sind Mängel vor Ort auch nicht unbedingt ersichtlich. Eine Marmoreingangshalle täuscht hier leider häufig über Mängel in den eigentlich wichtigen Räumlichkeiten hinweg und eine Zertifizierung durch Gesundheitsbehörden ist nicht zwingend.
– Qualität eingesetzter Medizinprodukte (Implantate)
Erst vor wenigen Monaten ereichte uns der PIP-Skandal (minderwertige Brustimplantate aus Industriesilikon!), der wieder einmal verdeutlicht hat wie skrupellos teilweise mit der Gesundheit von Patienten umgegangen wird. Gerade im Ausland ist bei ensprechend niederigen Preiskalkulationen auch ein entsprechender Kostendruck bei Materialien und Implantaten gegeben. Häufig werden minderwertige Materialien verwendet, die z.B. im Bereich der Brustvergrößerung nicht mit marktführenden Implantaten wie Sie von uns eingesetzt werden zu vergleichen sind. In Asien, den ehemaligen GUS-Staaten und auch in anderen osteuropäischen Ländern ist leider die Applikation von flüssigem Silikon von der Faltenbehandlung bis hin zur Brustvergrößerung immer noch weit verbreitet. Die folgen aus solchen Anwendungen sind verherend und mit vielen Folgeoperationen verbunden, teilweise sind Korrekturen nicht mehr möglich. Über die Zusammensetzung angewandter Materialien sind die Patienten meist nicht oder falsch informiert. Aus eigener Praxis wissen wir von Patienten, die sich nach komplikationsreichem Verlauf im Ausland bei uns vorstellen, dass Patienten nach teilweise aufwendigen und langen Operationen stundenlang mit Kleinbussen nach Deutschland zurückgefahren werden, glücklich wer hierbei keine Thrombose entwickelt!
– Risiko schwerwiegender Hospitalismus-Infektionen durch Antiniotika-Missbrauch (Dehli-Keim)
Als Konsequenz aus mangelnder Hygienestandards ergeben sich weitreichende Probleme unter anderem die Entwicklung sog. Muliresistenter oder auch „Killerkeime“. Diese führen zu chronischen Wunden, deren Therapie sehr aufwendig und langwierig ist. Zum einen kann hier die Krankenkasse die Patienen an den enstehenden Kosten teilweise oder in vollem Umfang beteiligen, diese gehen sehr schnell in die zehntausende Euro. Zum anderen ist das kosmetische Endergebnis meist ruiniert.
– Fehlende rechtliche Möglichkeiten bei Fehlbehandlungen
Bei Fehlbehandlungen jeglicher Art liegt der Gerichtsstand im Land der Behandlung und häufig sind auch lediglich Anwälte aus dem jeweiligen Land vor Gericht zugelassen. Mit anderen Worten, wenn eine Operation zu einem Rechtsstreit führen sollte muß der Kläger vor Ort einen Anwalt suchen ggf. einen Dolmetscher und viele Wochen vor Ort für sein Recht streiten, dies ist sicherlich mit deutlich höheren Kosten verbunden im Vergleich zu Operationskosten in Deutschland. Weiterhin ist in Deutschland eine sog. Folgekostenversicherung z.B. über medassure oder auch andere Anbieter möglich, die Patienten eine finanzielle Absicherung für eine evtl Folgeoperation bietet. Auch solche Strukturen fehlen zumindest im „kostengünstigen Ausland“ ebenfalls.
Was tun?
Natürlich gibt es auch im Ausland gute und erfahrene Ärzte mit entsprechender Reputation, das Preisniveau solcher Kliniken hat sich jedoch häufig dem gesamteuropäischen Markt breits angeglichen, sodass kaum finanzielle Vorteile bestehen. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über Möglichkeiten der Behandlung und deren Alternativen. Häufig gibt es auch die Möglichkeit einer Finanzierung oder Teilfinanzierung, dieses Geld ist gut investiert, da Sie eine Versorgung vor Ort erhalten und bei Problemen oder Komplikationen über eine Folgekostenversicherung auch abgesichert werden können. Mit Ihrem Behandler können Sie über eingesetzte Materialien und evt. Implantate und deren Qualität ausführlich sprechen und sich auch über die Fachgesellschaften für Plastische Chirurgie (www.dgpraec.de, Ästhetische Chirurgie (www.gaecd.de) oder Dermatologie (www.ddg.de) weitere Informationen zukommen lassen. Mit einer Komplikation oder einem unzufriedenstellenden Ergebnis erneut ins Ausland zu reisen ist sicherlich deutlich aufwendiger und teurer.