Ist das „Burn-Out-Syndrom“ eine Modekrankheit?
Claus Beckenbach im Gespräch mit Privatdozent Dr. Michael Berner,
Universitätsklinikum Freiburg und Ärztlicher Direktor der Rhein-Jura-Klinik
Mit einem Leistungstief ist ein Burn-Out-Syndrom nicht zu vergleichen. Wer beruflich, familiär oder krankheitsbedingt eine kurzfristig schwere Zeit erleben musste, der kann durch Ruhe oder entspannenden Urlaub möglicherweise schnell wieder auf die Beine kommen. Wer aber ausgebrannt ist und an einer emotionalen und geistigen Erschöpfung leidet, der ist vielleicht schon depressiv und braucht professionelle Hilfe
Claus Beckenbach: Herr Dr. Berner, immer wieder taucht in der letzten Zeit der Begriff „Burn-Out“ auf. Handelt es sich hier um eine Modeerkrankung oder gar um eine Volkskrankheit?
Dr. Berner: Weder, noch. Beruflicher Stress, immer höhere Anforderungen und Überlastung, verbunden mit einer Perspektivlosigkeit können zu einem Ausbrennen, zu einem Burn-Out-Syndrom und dann auch zu Depressionen führen.
Claus Beckenbach: Zum Thema Stress – man hört immer wieder, dass es verschiedene Stressarten gibt. Was muss ich mir darunter vorstellen?
Dr. Berner: Es gibt positiven Stress, der durchaus zu einer Leistungssteigerung führen kann und der sogar dem Betreffenden Freude bereitet. Negativer Stress führt zu Ermüdungserscheinungen und kann von inneren und äußeren Faktoren, beispielsweise zu hohem Leistungsanspruch, unlösbaren Aufgaben oder Ausbleiben von positiven Rückmeldungen, ausgelöst werden; er kann zum Burn-Out-Syndrom und zu Depressionen führen.
Claus Beckenbach: Wie erkenne ich, ob ich am Burn-Out-Syndrom leide?
Dr. Berner: Sie fühlen eine totale innere Leere, Sie sind hin- und hergerissen zwischen den Aufgaben, die Sie zu erfüllen haben; was Ihnen in relativ kurzer Zeit möglich war zu erledigen oder zu bearbeiten, das erfordert nunmehr Tage oder Wochen. Sie haben das Gefühl, dass Sie nichts mehr bei oder mit Ihrer Arbeit erreichen und insgesamt zweifeln Sie auch am Sinn Ihrer Arbeit.
Claus Beckenbach: Das Burn-Out-Syndrom und die Depression: Ist das eine einzige Krankheit?
Dr. Berner: Nein. Burn-Out ist ein ernstzunehmender Zustand, keine Krankheit. Eine Depression ist die damit verbundene Erkrankung, also eine mögliche Folge. Vor allem Männer, die in Arbeitsbezügen denken, reden von Burn-Out, meinen aber in Wirklichkeit eine Depression. Arbeit kann aus verschiedenen Ursachen krank machen – wer aber auf seine Erschöpfungszustände nicht reagiert, läuft Gefahr, an einer Depression zu erkranken und daraus wiederum können unvorhersehbare und auch schlimme Folgen resultieren.
Claus Beckenbach: Kann Arbeit denn wirklich krank machen?
Dr. Berner: Ja. Beispiele dafür sind: Man erwartet von Ihnen, dass Sie immer parat stehen, Sie haben keine eigenen Gestaltungsspielräume, Sie bemühen sich permanent und bekommen nie ein Lob. Alles wird Ihnen bis aufs Letzte vorgeschrieben, Sie dürfen nichts selbst entscheiden, tragen aber immer die Verantwortung.
Claus Beckenbach: Wer ist besonders gefährdet?
Dr. Berner: Wer richtig entflammt ist, der kann ausbrennen: Die Guten trifft es meistens, diejenigen, die sich besonders engagieren und die gewissermaßen Druck von unten und oben aushalten müssen.
Claus Beckenbach: Wie könnte man sich schützen?
Dr. Berner: Neinsagen lernen ist die wichtigste Burn-Out-Prävention. Man sollte seine Arbeit so in sein Leben integrieren, dass immer noch ausreichend Platz bleibt für Familie, Freunde, Freizeit und Entspannung.
Claus Beckenbach: Fluch und Segen der modernen Kommunikation – gibt es überhaupt eine Chance, dem Burn-Out zu entgehen? Wird nicht von uns erwartet, dass wir immer erreichbar sind und parat stehen?
Dr. Berner: Zweifellos ist unsere Arbeitswelt immer entgrenzter und schneller geworden. In der entgrenzten Arbeitswelt müssen wir mutig wieder Grenzen ziehen; am allermeisten aber uns selbst. Denn unsere Dienstleistungen sind nie fertig. „Fertigwerdenwollen“ um jeden Preis ist also der falsche Ansatz. Und: Im Zweifelsfalle braucht ein Betroffener qualifizierte Hilfe. Und zwar rechtzeitig, je eher, desto besser. Nicht erst nach vielen Monaten bleischwerer Erschöpfung und Depression. Umso eher kommt das Leben auch wieder in seine Balance.
Vielen Dank, Herr Dr. Berner, für das aufschlussreiche Gespräch!
Information: Privatdozent Dr. Michael Berner, Universitätsklinik Freiburg, ist Psychiater und Psychotherapeut. Er ist Ärztlicher Direktor an der Rhein-Jura-Klinik in Bad Säckingen. Diese Klinik hat mehrere Fachabteilungen: Neben der durch Dr. Berner geleiteten Privatklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie bietet die Abteilung Urologie Ganzheitschecks nach modernsten Methoden. Im hauseigenen Schlaflabor stehen alle Möglichkeiten schlafmedizinischer Diagnostik und Therapie zur Verfügung.
Die Rhein-Jura-Klinik ist ein Betrieb der Xenios-Management GmbH in Heidelberg
Kaufmännische Geschäftsführerin: Sabine Pirnay-Kromer, Geschäftsführer: Ahmet Pekkik
Kontaktinformation:
Rhein-Jura Klinik, Schneckenhalde 13, 79713 Bad Säckingen
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